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Forschung

Einige unserer laufenden und abgeschlossenen Forschungsprojekte

Homeoffice während und nach der SARS-CoV-2-Pandemie

Die SARS-CoV-2-Pandemie hat die Gesellschaft an vielen Stellen verändert. Insofern verwundert es nicht, dass auch das Arbeitsleben von entsprechenden Veränderungen betroffen ist. So haben Maßnahmen zur Eindämmung von SARS-CoV-2-Infektionen die Arbeitsbedingungen von Millionen Menschen insbesondere mit Blick auf Arbeitszeit und Arbeitsort schlagartig geändert. Seit Beginn der SARS-Cov-2-Pandemie hat fast die Hälfte aller Berufstätigen in Deutschland zumindest teilweise im Homeoffice gearbeitet, etwa 20 % davon erstmals. Flankiert werden diese Entwicklungen erstens von politischen Diskussionen, ob Unternehmen verpflichtet sein sollen, Arbeiten im Homeoffice auch nach der Pandemie anzubieten, zweitens von den Ankündigungen großer Unternehmen, künftig mehr Homeoffice zu ermöglichen, und drittens von dem Wunsch vieler Beschäftigter nach der Möglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten. 
Angesichts dessen ist anzunehmen, dass die Arbeit im Homeoffice nicht nur während, sondern auch nach der SARS-CoV-2-Pandemie verbreiteter sein wird als zuvor. Auch wenn damit Potenziale verbunden sind, etwa eine bessere Vereinbarkeit von Arbeits- und Privatleben, und ökologische Effekte durch vermindertes Pendeln resultieren können, sind mit einer ungeregelten bzw. wissenschaftlich unbegleiteten Ausweitung der Arbeit im Homeoffice auch Gefahren verbunden. Sie betreffen in erster Linie die Gesundheit der Beschäftigten, aber auch ungeklärte Effekte auf die individuelle, gruppenbezogene und organisationale Produktivität. 
Entsprechend besteht ein hoher und dringlicher Bedarf an wissenschaftlichen Interventionsstudien, die geeignet sind, Maßnahmen zu einer gesundheitsförderlichen Gestaltung der Arbeit im Homeoffice zu entwickeln, zu erproben und zu evaluieren, um auf diesem Wege Best Practices zu generieren. Das soll dieses Projekt leisten.

2022 bis 2024

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Metakognition auditiver Ablenkung

Während metakognitive Lernurteile schon seit einiger Zeit und auch in der jüngsten Vergangenheit viel Beachtung erfahren haben, sind metakognitive Ablenkungsurteile, die sich direkt auf die Wirkung aufgabenirrelevanter Reize auf kognitive Leistungen beziehen, bislang wenig erforscht. Metakognitive Urteile über die Wirkung aufgabenirrelevanter Reize sind aber nicht nur für die einschlägige Theoriebildung und -testung wichtig, sondern auch unter praktischen Gesichtspunkten relevant, da sie Entscheidungen über die Gestaltung von Lern- und Arbeitsumgebungen bestimmen können. Das Projekt zielt darauf ab, über eine systematische und umfassende Analyse metakognitiver Ablenkungsurteile einen theoretischen Rahmen zu entwickeln, der zu verstehen hilft, wie metakognitive Urteile über die Wirkung auditiver Distraktoren auf kognitive Leistungen zustande kommen. Im Zentrum der Hypothesenprüfung steht die Frage, ob Personen einen direkten Zugang zu den der auditiven Ablenkung zugrunde liegenden Prozessen haben oder ob sie sich in ihren Urteilen heuristisch auf die empfundene Verarbeitungsflüssigkeit oder auf abstrakte metakognitive Überzeugungen stützen. Erfasst werden die empfundene Verarbeitungsflüssigkeit, metakognitive Urteile und die tatsächliche Störwirkung. Um ein umfassendes Verständnis metakognitiver Urteile über die Wirkung aufgabenirrelevanter Reize zu gewinnen, werden abstrakte metakognitive Überzeugungen, prospektive reizbezogene Urteile sowie retrospektive episodische Urteile erhoben. Das Projekt fokussiert in einem ersten Schritt auf die unter dem Gesichtspunkt der Theorieprüfung besonders interessanten Fälle, in denen Diskrepanzen zwischen heuristischen metakognitiven Urteilen und tatsächlicher Störwirkung besonders wahrscheinlich sind. Dazu wird die empfundene Verarbeitungsflüssigkeit über Abspielrichtung, Maskierung und räumliche Stromtrennung der auditiven Distraktoren manipuliert. In einem zweiten Schritt soll untersucht werden, ob sich reizbezogene Urteile lediglich auf abstrakte metakognitive Überzeugungen stützen oder in der unmittelbaren Wahrnehmung der Reize liegenden Hinweise wie die empfundene Verarbeitungsflüssigkeit mit einbeziehen. Es werden metakognitive Urteile über aufgabenirrelevante Hintergrundsprache und Musik untersucht. Das Projekt führt bestehende Forschungslinien innovativ weiter, da Theorien und Methoden, die sich in der Untersuchung metakognitiver Lernurteile bereits etabliert haben, auf metakognitive Ablenkungsurteile über die Wirkung aufgabenirrelevanter auditiver Reize übertragen werden. Die Forschungsfrage ist auch praktisch relevant: Fehlerhafte Urteile über die Wirkung auditiver Distraktoren auf die kognitive Leistung könnten zu Fehlentscheidungen bei der Gestaltung von Lern- und Arbeitsumgebungen führen. Das Wissen um systematische Fehler in metakognitiven Urteilen über die Wirkung aufgabenirrelevanter Reize könnte helfen, solche Fehlentscheidungen zu vermeiden.

2022 bis 2024

, , Axel Buchner

Ein multinomiales Modell für Gegenüberstellungen

Psychologische Forschung zu Identifikationsleistungen bei Gegenüberstellungen ist wegen der wichtigen Rolle von Gegenüberstellungen in der Strafverfolgung von hoher gesellschaftlicher Relevanz. In diese Forschung ist jüngst ziemlich viel Bewegung gekommen. Insbesondere die lange für sicher gehaltene Überlegenheit sequenzieller Gegenüberstellungen im Vergleich zu simultanen Gegenüberstellungen wurde inzwischen mehrfach in Frage gestellt. In diesem Kontext ist eine heftige Kontroverse über das richtige Maß für die Güte von Gegenüberstellungsverfahren entbrannt. Traditionell wurde dafür das Diagnostizitätsverhältnis verwendet. Dieses Maß hat aber eine Eigenschaft, die recht ungünstig ist, wenn beurteilt werden soll, welches von zwei Gegenüberstellungsverfahren besser zwischen schuldigen und unschuldigen Verdächtigten trennt: Es konfundiert Sensitivität und Antwortneigung. Bei ROC-Analysen, bei denen sich zuletzt öfter ein Vorteil der simultanen Gegenüberstellung zeigte, besteht dieses Problem nicht. An ROC-Analysen wird aber zu Recht kritisiert, dass sie nur auf die 2 × 2-Datenstruktur des Standardmodells der Signalentdeckungstheorie passen (Treffer, Auslassungen, falsche Alarme, korrekte Zurückweisungen) und dass wichtige Information verloren geht, wenn ROC-Analysen auf die 2 × 3-Datenstruktur von Gegenüberstellungen angewandt werden (sowohl für Gegenüberstellungen mit als auch für solche ohne Täter: Identifikation der verdächtigten Person, Identifikation einer Vergleichsperson, Zurückweisung der ganzen Gegenüberstellung).

Um dieses Problem zu lösen, wird ein multinomiales Verarbeitungsbaummodell vorgeschlagen, das alle Informationen aus der 2 × 3-Datenstruktur von Gegenüberstellungen nutzt und zudem Rückschlüsse auf die kognitiven Prozesse erlaubt, die den Identifikationsleistungen zugrunde liegen. Dieses Modell hat sich bereits in einem Pilotexperiment (N = 526) bewährt. Der nächste Schritt ist eine systematische Validierung der Modellparameter.

Adaptives Gedächtnis: Mechanismen des Animacy-Effekts

Zu den faszinierendsten Gedächtnisphänomenen der jüngeren Zeit gehört, dass Begriffe für Belebtes besser erinnert werden als Begriffe für Unbelebtes. Dieser Gedächtnisvorteil, den belebte im Vergleich zu unbelebten Objekten genießen, wurde in den letzten Jahren unter dem Begriff Animacy-Effekt in der Gedächtnisliteratur bekannt. Die bisher vorliegende Forschung lässt bereits erkennen, das der Effekt außerordentlich robust ist. Er tritt mit vielen verschiedenen Lernmaterialien auf und lässt sich in vielen verschiedenen Lern- und Testsituationen beobachten. Der gedächtnisfördernde Einfluss ist außerdem enorm und in der Regel größer als der Einfluss etablierter Determinanten der Gedächtnisleistung wie etwa der Vorstellbarkeit. Auf theoretischer Ebene ist der Effekt hoch interessant, weil bislang völlig offen ist, welche Mechanismen dem Animacy-Effekt zugrunde liegen, was in bemerkenswertem Kontrast zu seiner Größe steht. In dem Forschungsprojekt sollen die zwei vielversprechendsten Erklärungsansätze des Effekts einer empirischen Überprüfung unterzogen werden. Der Aufmerksamkeitsansatz impliziert, dass der Animacy-Effekt auf das Gedächtnis dadurch vermittelt wird, dass Belebtes bei der Enkodierung mehr Aufmerksamkeit erfährt als Unbelebtes. Im Zentrum des Richness-of-Encoding-Ansatzes steht die Annahme, dass Begriffe für Belebtes durchschnittlich reichhaltiger enkodiert werden – also spontan mehr Assoziationen auslösen – als Begriffe für Unbelebtes. Die größere Reichhaltigkeit der Enkodierung verursacht den Gedächtnisvorteil, da die bei der Enkodierung generierten Assoziationen, sofern sie beim Abruf wieder aktiviert werden, als Abrufhilfen genutzt werden können. Beide Ansätze sind vielversprechend. Die verfügbare Evidenz lässt allerdings noch keine klaren Schlussfolgerungen zu, so dass sie zusätzlicher Absicherung bedürfen. Rigorose Methoden und große Stichproben sollen es innerhalb des vorgeschlagenen Forschungsprogramms erlauben, den Animacy-Effekt auf das Gedächtnis aufzuklären und die theoretischen Ansätze – sofern sie sich bewähren – auf eine solide empirische Basis zu stellen. Über den Einsatz verschiedener Paradigmen und Gedächtnismaße liefert das Forschungsprogramm außerdem weitere Evidenz zur Robustheit und Generalisierbarkeit des Animacy-Effekts auf das Gedächtnis.

2020 bis 2022

, , Axel Buchner

Die digitale Zukunft im Handwerk gestalten: Das BMBF-Verbundprojekt DigiWerk

Digitalisierung erreicht zunehmend auch das Handwerk und bewirkt dort nachhaltige Veränderungen der Arbeitsorganisation, der Kommunikation sowie des Wettbewerbs. Daraus ergeben sich sowohl Chancen als auch Herausforderungen für die Handwerksbetriebe. Einerseits bieten digitale Anwendungen, wie beispielsweise eine Branchen-Software oder die Online-Konfiguration von Produkten, die Chance auf effizientere Kommunikations- und Arbeitsabläufe sowie erweiterte Produkt- und Dienstleistungsangebote. Andererseits können veränderte Arbeitsabläufe und Aufgabenverteilungen überfordernd wirken, was wiederum Ängste, Stress, Widerstände und gesundheitliche Probleme bedingen kann.

An diesem Punkt setzt das interdisziplinäre Verbundprojekt DigiWerk an, welches durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds gefördert wird.
Folgende Partner aus Wissenschaft und Unternehmenspraxis sind an dem Verbundprojekt beteiligt:

  • Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (Lehrstuhl für BWL, insb. Arbeit, Personal und Organisation, Institut für Medizinische Soziologie, Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Lehrstuhl für Allgemeine Psychologie und Arbeitspsychologie)
  • Universität zu Köln (Stiftungslehrstuhl für BWL, insbesondere Managementlehre für Nicht-Wirtschaftswissenschaftler)
  • drei mittelständische SHK-Handwerksbetriebe (Beck Jacobs GmbH, Schöllgen Haustechnik GmbH, Stamos GmbH)
  • Fachverband Sanitär Heizung Klima NRW
  • K12 Agentur für Kommunikation und Innovation GmbH
  • Label Software Gerald Bax GmbH

Ziel des Projekts ist die Entwicklung eines anwendungsbezogenen betrieblichen Handlungskonzepts, welches Handwerksbetriebe bei der erfolgreichen Gestaltung ihrer digitalen Zukunft unterstützen soll. Dabei fokussiert das Projekt exemplarisch auf das Sanitär-Heizung-Klima-Gewerbe als größtes Baunebengewerbe. In diesem Rahmen legt die Allgemeine und Arbeitspsychologie einen besonderen Schwerpunkt auf den Bereich der Software-Ergonomie. Die Benutzbarkeit der im Handwerk gebräuchlichen Software-Produkte beeinflusst die Arbeitsabläufe und damit die Produktivität der Betriebe und hat außerdem Einfluss auf die Ausprägung von psychischen Belastungen und Stresserleben am Arbeitsplatz. Daher kommt der Software-Ergonomie im Digitalisierungsprozess eine wichtige Rolle zu.

Mehr Informationen zum Projekt finden Sie auch unter digiwerk-projekt.de.

2019 bis 2022

, Raoul Bell, Axel Buchner

Soziale Interaktionen im Gefangenendilemma: Anwendung eines multinomialen Modells zur Analyse von Kooperations- und Bestrafungsverhalten

Kooperation ist zentral für die Entwicklung und Aufrechterhaltung menschlicher Gesellschaften. Bestrafung in sozialen Gesellschaften dient dazu, kooperatives Verhalten zu fördern und Normen zu etablieren oder aufrecht zu erhalten. Bestrafung ist dabei meist nicht nur für den Bestraften, sondern auch für den Bestrafenden mit Kosten verbunden. Das klassische experimentelle Paradigma zur Untersuchung von Kooperationsverhalten ist das Gefangenendilemma-Spiel, welches mit einer Bestrafungsoption kombiniert werden kann. Aus ökonomischer Perspektive ist es zunächst einmal nicht wirtschaftlich, kostenintensiv zu bestrafen. Dennoch nehmen Individuen sogar in einmaligen Interaktionen Kosten für die soziale Bestrafung anderer auf sich. Das multinomiale Kooperations-Bestrafungs-Modell bietet die Möglichkeit, Kooperations- und Bestrafungsverhalten getrennt voneinander zu analysieren und zu interpretieren. Die Parametrisierung des Modells weißt neben einem Parameter für die Kooperationsbereitschaft auch Parameter für vier verschiedene Arten von Bestrafung auf. Je nach Kombination aus dem eigenen Verhalten und dem Verhalten des Spielpartners (jeweils Defektion oder Kooperation) werden moralistische, heuchlerische, irrationale und antisoziale Bestrafung unterschieden. Ziel dieses Projekts ist es, die empirische Basis und die theoretische Reichweite des Kooperations-Bestrafungs-Modells zu erweitern und inhaltliche Fragestellungen im Bezug auf Kooperationsverhalten und Bestrafung aus Sicht des Bestrafenden zu untersuchen.

2019 bis 2021

, Axel Buchner, Raoul Bell

Ein dynamisches System zur Erfassung und Prävention psychischer Arbeitsbelastungen in kleinen und mittleren Unternehmen der Industrie 4.0

Ziel des Verbundprojektes ist es, ein dynamisches System zu entwickeln, mit dem sich rasch ändernde psychosoziale Belastungssituationen im Zuge der 4. industriellen Revolution flexibel bewertet und optimiert werden können, um so die Gesundheit von Beschäftigten jetzt und auch in Zukunft zu fördern. Als inhaltliche Basis werden neue Instrumente zur Messung spezifischer psychischer Belastungen bei einer Tätigkeit in der Industrie 4.0 bereitgestellt und Interventionen zur Optimierung der Belastungssituation mit dem system entwickelt und erprobt. Darüber hinaus werden Erfordernisse an die Implementierung und Verstetigung eines erfolgreichen Gesundheitsmanagements in der Industrie 4.0 definiert.

Mehr Informationen zum Projekt finden Sie auch unter dynamik40.de.

2016 bis 2019

Die Störwirkung von devianten und wechselhaften auditiven Distraktoren im direkten Vergleich: Ein kritischer Test von Modellen der auditiven Ablenkung

Das Duplex-Modell wird in vielen Publikationen als Standardmodell zur Erklärung von Phänomenen der auditiven Ablenkung akzeptiert. Das Modell unterscheidet zwischen zwei Arten der Störung von Arbeitsgedächtnisleistungen durch auditive Distraktoren: Die Störung durch wechselnde auditive Distraktoren (der Changing-State-Effekt) wird mit der präattentiven, obligatorischen Verarbeitung von Reihefolgeinformationen innerhalb der Distraktoren erklärt, die mit der kurzfristigen Aufrechterhaltung von Reihefolgeinformationen der Zielitems interferiert. Die Interferenz durch deviante Distraktoren, die eine reguläre Sequenz gleichartiger Distraktoren unterbrechen (der Devianzeffekt), wird auf Aufmerksamkeitsablenkung zurückgeführt. Eine Alternative zu diesem Modell stellt die Annahme dar, dass beide Phänomene auf Aufmerksamkeitsablenkung zurückzuführen sind. Auf den ersten Blick erscheint die zweite Erklärung etwas attraktiver, da sie mit sparsameren Annahmen auskommt. Allerdings wird die Unterscheidung von zwei fundamental unterschiedlichen Formen der auditiven Ablenkung scheinbar durch Dissoziationsbefunde erzwungen, die für eine funktionale Unterscheidung beider Phänomene sprechen. Ein genauere Analyse dieser Befunde zeigt aber, dass nicht alle dieser Befunde klar zugunsten des Duplex-Modells interpretiert werden können, da Alternativerklärungen möglich sind und sich Vergleiche oft auf methodisch unterschiedliche Studien beziehen. Hier setzt das beschriebene Forschungsvorhaben an. Ziel des Forschungsvorhabens ist, die Grundannahmen beider Modelle fair und kritisch in einer Serie von Experimenten zu prüfen, in denen der Changing-State-Effekt und der Devianzeffekt direkt verglichen werden. 

2016 bis 2018

, Jan Philipp Röer, Axel Buchner

Der Einfluss von Regularitätsverletzungen und persönlicher Relevanz irrelevanter auditiver Information auf die serielle Reproduktion: Prüfung von Modellen des menschlichen Arbeitsgedächtnisses

Die serielle Behaltensleistung für visuell präsentierte Ereignisse ist beeinträchtigt, wenn während der Präsentation der Ereignisse oder während eines kurzen Behaltensintervalls aufgabenirrelevante auditive Distraktoren dargeboten werden. Arbeitsgedächtnismodelle müssen diesen Effekt erklären und lassen sich in zwei Klassen einteilen – in eine erste, deren Modelle diesen Effekt auf eine Aufmerksamkeitsablenkung zurückführen und eine zweite, deren Modelle keinen Einfluss von Aufmerksamkeit auf das kurzfristige Behalten zulassen und stattdessen andere Mechanismen spezifizieren. Aus der ersten Modellklasse lässt sich die Vorhersage ableiten, dass zwei Arten von Distraktoren, die in besonderem Ausmaß Aufmerksamkeit auf sich ziehen, die Behaltensleistung besonders deutlich reduzieren sollten. Erstens sollten Reize, die eine Regularität in der auditiven Umgebung verletzen, eine besonders starke Orientierungsreaktion auslösen und daher besonders effektiv Aufmerksamkeit von der Behaltensaufgabe abziehen. Zweitens sollten Reize mit besonderer Relevanz für das Individuum besonders stark Aufmerksamkeit auf sich ziehen. In dem hier skizzierten Forschungsprojekt sollen die Auswirkungen von Regelverletzungen und der persönlichen Relevanz von aufgabenirrelevanter auditiver Information auf das kurzfristige Behalten von visuell präsentierten Zahlensequenzen untersucht werden. Aus den Ergebnissen werden sich Schlüsse über die Beteiligung von Aufmerksamkeitsprozessen am kurzfristigen Behalten und damit über die Adäquatheit von Modellen des menschlichen Arbeitsgedächtnisses ziehen lassen.

2012 bis 2014

Axel Buchner, ,

Gedächtnis für kooperative und betrügerische Interaktionspartner: Ein Test der emotionalen Inkongruenzhypothese

Die Sozialvertragstheorie postuliert, dass hoch spezialisierte kognitive Module existieren, welche die Informationsverarbeitung in sozialen Austauschsituationen erleichtern sollen. Um das Individuum effektiv vor Betrügern zu schützen, müssen die Schlussfolgerungsmechanismen, die das effiziente Entdecken von Betrügern erlauben, durch Gedächtnismechanismen vervollständigt werden, welche es erlauben, aus vorausgegangenen negativen Erfahrungen mit Betrügern zu lernen. Insbesondere wurde aus der Sozialvertragstheorie abgeleitet, dass Menschen Gesichter von Betrügern besser wiedererkennen (Mealey, Daood, & Krage, 1996), bzw. ein besseres Quellenedächtnis für den betrügerischen Kontext, in dem ein Gesicht gelernt wurde, besitzen sollten (Buchner, Bell, Mehl & Musch, 2009). Daten aus neueren Studien sprechen allerdings für einen flexibleren Mechanismus. In drei Studien (Barclay, 2008; Bell, Buchner & Musch, 2010; Volstorf, Rieskamp & Stevens, 2011) zeigte sich, dass das Gedächtnis für betrügerische und kooperative Interaktionspartner von deren relativer Häufigkeit moduliert wurde: Das Quellengedächtnis für die jeweils selteneren Interaktionspartner war erhöht. In dem hier skizzierten Forschungsprojekt soll überprüft werden, ob Informationen, die emotional inkongruent zu einer positiven oder negativen Erwartungshaltung sind, generell besser erinnert werden. Dazu werden eine Reihe von Variablen manipuliert, welche geeignet sind, bei den Probanden eine positive oder negative Erwartung bezüglich des Ausgangs der sozialen Interaktion auszulösen. Dazu werden Verhaltensdaten und elektrophysiologische Korrelate mit dem Ziel einer präziseren Theorieprüfung erhoben. 

2011 bis 2013

, Axel Buchner, Laura Mieth

Habituation des Effekts irrelevanter auditiver Ereignisse auf das Arbeitsgedächtnis

Modelle des menschlichen Arbeitsgedächtnisses können in zwei Kategorien eingeteilt werden in Abhängigkeit davon, ob beim kurzfristigen Bereithalten verbaler Information Aufmerksamkeit beteiligt sein soll oder nicht. Zur experimentellen Prüfung der Frage, ob Aufmerksamkeit an kurzfristige Behaltensleistungen beteiligt ist, eignet sich der Effekt irrelevanter auditiver Ereignisse auf kurzfristiges Behalten von Information im Arbeitsgedächtnis besonders gut. Habituiert der Effekt, dann spricht dies für eine Beteiligung von Aufmerksamkeit am kurzfristigen Behalten von Informationen und damit für eine bestimmte Klasse von Arbeitsgedächtnismodellen. Das macht die Untersuchung von Habituationseffekten in diesem Paradigma theoretisch besonders interessant. Leider ist die Befundlage zur Habituation des Effekts irrelevanter auditiver Ereignisse auf kurzfristiges Behalten von Information im Arbeitsgedächtnis vollkommen unklar. Erstens ist die vorliegende experimentelle Evidenz sehr heterogen. Zweitens können Befunde etlicher Studien wegen prinzipieller Probleme der Hypothesengenerierung oder wegen methodischer Mängel wie fehlender Teststärke gar nicht eindeutig interpretiert werden. An dieser Stelle soll das hier skizzierte Forschungsvorhaben ansetzen. Geplant sind durchweg vergleichsweise teststarke Experimente, die einen Schluss über die fraglichen Habituationseffekte zulassen und dabei zugleich Probleme der bisher vorliegenden Untersuchungen vermeiden.

2010 bis 2013

Axel Buchner, ,

Zur Lesbarkeit und ergonomischen Gestaltung von Bildschirmen

Studien aus den 80er Jahren zeigen deutliche Leistungsunterschiede zwischen dem Lesen am Bildschirm und dem Lesen auf Papier zu Gunsten des Papiers. Seitdem ist die technische Entwicklung jedoch immer weiter fortgeschritten. Heutige Bildschirme, wie zum Beispiel das iPad, sind nicht nur in ihrer Handhabung, sondern auch hinsichtlich ihrer optischen Eigenschaften dem Papier immer ähnlicher geworden. Es stellt sich deshalb die Frage, ob medienbedingte Unterschiede hinsichtlich der Lesbarkeit und des Leseverständnisses auch unter Verwendung der neuesten Bildschirmtechnologien bestehen bleiben.

Neben der Untersuchung der Lesetauglichkeit von elektronischen Anzeigen im Vergleich zu Papier werden in diesem Projekt auch spezifische Einflussfaktoren auf die Lesbarkeit elektronischer Anzeigen untersucht, wie z.B. die Farbwahl und v.a. die Darstellungspolarität. Beim Lesen am Bildschirm findet sich relativ zuverlässig ein Vorteil in der Lesegeschwindigkeit und -genauigkeit bei der Darstellung von dunklem Text vor hellem Hintergrund (positive Polarität) im Vergleich zur Darstellung von heller Schrift vor einem dunklen Hintergrund (negative Polarität). In unseren Studien untersuchen wir die Einflussfaktoren des »Polaritätseffekts«. Die Ergebnisse sind sowohl aus ergonomischer als auch aus grundlagenorientierter Sicht von Relevanz. Zur Analyse werden Leistungs- und Befindlichkeitsmaße verwendet. In zukünftigen Studien sollen auch Indikatoren des Blickverhaltens (wie Lidschlag, Pupillengröße, Blickbewegungen) zur Analyse des Leseprozesses herangezogen werden.

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Distraktorverarbeitung und Selektionsmechanismen in der akustischen Modalität

Im Rahmen dieses Projekts untersuchen wir die Verarbeitung irrelevanter akustischer Information und deren Auswirkungen auf nachfolgende Aufgabenbearbeitungen. Dabei soll das Zusammenwirken von Aufmerksamkeits- und Kurzzeitgedächtnisprozessen sowie Prozessen der Handlungsauswahl näher beleuchtet werden. Zu diesem Zweck greifen wir unter anderem auf das Phänomen des negativen Primings zurück, das sich in der verlangsamten Reaktion auf ein zuvor ignoriertes Objekt zeigt. Ein etablierter Erklärungsansatz dieses in der Aufmerksamkeitsforschung häufig untersuchten Phänomens ist das Modell des episodischen Abrufs. Danach wird angenommen, dass eine »Nicht auf das Objekt reagieren«-Information als Bestandteil der Objektrepräsentation aus der vorangegangenen Episode erinnert wird, wenn sich der frühere Distraktor als Zielreiz wiederholt. Die Reaktionszeitverlangsamung auf zuvor ignorierte Reize wird dabei auf den Konflikt zwischen Aufgabenanforderung (»Reagiere auf das Objekt«) und Gedächtnisinformation (»Reagiere nicht auf das Objekt«) zurückgeführt. Im Rahmen der bisherigen Projektarbeit konnten wir zeigen, dass der Abruf der ausgeführten Reaktion aus der vorangegangenen Prime-Episode eine weitere Ursache für einen entstehenden Konflikt darstellt.

Schwerpunktmäßig beschäftigt sich das Projekt derzeitig mit der Verarbeitung räumlicher Information in der auditiven Modalität und der Frage, ob bzw. wie die Position ignorierter Geräusche verarbeitet und erinnert wird. Zudem wollen wir wissen, ob Reaktionen auf räumlich präsentierte Distraktorgeräusche aktiviert und gegebenenfalls nachfolgend inhibiert werden, um falsche Reaktionen zu verhindern. Unsere bisherigen Ergebnisse zeigen, dass sich im Gegensatz zu Befunden aus der visuellen Modalität keine generelle Beeinträchtigung für das Reagieren auf Geräusche an zuvor ignorierten Lokationen zeigt. Stattdessen scheint Orts- und Identitätsinformation ignorierter Geräusche integriert zu werden in sog. »Object files«, wie sie in verwandten Forschungsbereichen bereits postuliert worden sind. Nachfolgende Reaktionen sind verlangsamt, sofern sich nur ein Merkmal des Objekts – entweder die Identitäts- oder die Lokationsinformation – zwischen aufeinanderfolgenden Präsentationen ändert. Diese Befunde sind am besten mit der Merkmalsdiskrepanztheorie vereinbar. In unseren aktuellen Studien übertragen wir die etablierten Befunde der Grundlagenforschung auf ökologisch validere Aufgabensituationen, z.B. müssen Geräusche im dreidimensionalen Raum mit Kopfbewegungen fokussiert werden (anstelle einer Antwort per Tastendruck). Überprüft werden soll, ob die Natürlichkeit der assoziierten Reaktion entscheidend dafür ist, ob Reaktionsaktivations- und -inhibitionsprozesse bezüglich der ignorierten Geräusche stattfinden.

2010 bis 2013

Axel Buchner, , Malte Möller

Verantwortlichkeit: